Am Montag in Berlin angekommen, Koffer ausgepackt, in die Bäckerei spaziert und dann dieses Schild gesehen: >>Stürmer<<. Stürmer? Nein, meine erste Assoziation war nicht Fussball, nicht in Deutschland, nicht in Berlin.
Der Stürmer war schliesslich das antisemitische Kampfblatt der Nationalsozialisten, bereits 1923 von Julius Streicher in Nürnberg gegründet und nach der Machtübernahme der NSDAP ein wichtiges Propagandainstrument der Partei.

Ich nehme nicht an, dass die Backwarenfirma bei der Namensgebung an die NS-Zeitung gedacht hat. Vielleicht wollte man Kraft symbolisieren. Vielleicht auch einen Bezug zum Fussball herstellen. Ich jedenfalls kaufte mir keinen Stürmer und einmal mehr wurde mir bewusst, wie sehr doch Geschichte in unseren Köpfen statt findet, Geschichtsbilder nichts anderes als Assoziationsketten von Gelerntem, Erlebtem, Erinnertem und Phantasiertem sind.

Von Assoziationsketten liess ich mich auch leiten, als ich vor einigen Wochen zum ersten Mal das Programmheft der Historikertage durchblätterte und mir versuchte vorzustellen, was sich hinter den zum Teil geheimnisvollen Titeln verbergen könnte. Die kommenden drei Tage sind Gelegenheit, mich wieder einmal über meine engen eigenen Fachgrenzen hinaus mit historischen Fragen zu beschäftigen. Selten nur bleibt im Alltag die Zeit und die Muse, mich in ein Thema zu vertiefen, das ich nicht gleich „verwerten“ kann. Die drei Tage in Berlin bieten zumindest den Rahmen, dies zu tun; ob ich es auch nutzen werde, weiss ich noch nicht.

Der Historikertag, das ist Klassentreffen, Weiterbildung und Marktplatz in einem. Ich war vor zehn Jahren zum ersten Mal an einem Deutschen Historikertag. Viel zu laut, viel zu viel, viel zu hektisch befand ich damals und ging seither nicht mehr hin.

Jetzt freue ich mich auf die kommenden Tage. Ich werde mir Zeit nehmen für die Verlagsstände, für das Rahmenprogramm und natürlich mir einige Vorträge anhören.

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